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Ansprache von Gianni Moresi, Präsident des Stiftungsrates, anlässlich der Diplomfeier vom 10. November 2006 an der

EIC Ingenieurschule Changins (VD)




Auch wenn es bei den Diplomierten dieses Jahres keine Tessiner gibt, ergreife ich diese Gelegenheit, um Sie über ein Jubiläum, das in meinem Kanton gefeiert wird, zu unterhalten und zwar 100 Jahre Merlot.


Am Ende des XIX. Jahrhunderts steckte die Landwirtschaft im Tessin in einer prekären Lage. Peronospora und Oidium verseuchten die Weinberge. 1897 wurde zum ersten Mal in Morbio Inferiore und Tremona das Weingelände im Mendrisiotto von der Reblaus (Phylloxera) heimgesucht.


Die politische Welt reagierte schnell: es wurde unbedingt nötig, Sachverständige zuzuziehen. Die fand man in Italien. Die Leitung der kantonalen zuständigen Forschungsstelle für Pflanzenbau und der Stelle für die Bekämpfung der Phylloxera wurde Guido Fedrigo anvertraut. Er kam aus der berühmten Landwirtschaftsschule Conegliano Veneto.


Schon früher wirkten im Tessin Fachleute aus Italien im Bereich der Landwirtschaft, insbesondere im Weinbausektor; zum Beispiel Domenico Tamaro aus der Landwirtschaftsschule Grumello del Monte bei Brescia, der 1886 ins Tessin kam. Er schlug vor, einen Wanderlehrstuhl für Landwirtschaft zu errichten, damit die Verhältnisse im Sektor verbessert werden konnten.


Der Lehrstuhl wurde 1902 errichtet. Innegehabt hat ihn zum ersten Mal Alderige Fantuzzi, damaliger Assistent von Prof. Tamaro aus Verona. Er legte tausende von Kilometern mit seinem Fahrrad durch das Tessin zurück, um die Bauern mit Ratschlägen und Referaten zu belehren und zu betreuen.


1915 bis 1926 übernahm er die Leitung der neugeschaffenen Scuola di agricoltura in Mezzana.


Diese Herren, zusammen mit Ingenieur Giuseppe Paleari, der an der ETH Zürich seine Ausbildung mit dem Diplom abgeschlossen hatte, führten voller Erwartung die Weinrebe Merlot ins Tessin ein, sie betrieben den Anbau der neuen Sorte und verfolgten deren Ausbreitung im ganzen Kanton.


Dies alles gibt Anlass zu einer ersten Überlegung: die Möglichkeit, eine spezifische Ausbildung im Weinbaubereich und in der Weinkunde in der Schweiz zu erwerben, ist von entscheidender Bedeutung.


Die zweite Überlegung betrifft das Resultat der Kombination zwischen einerseits Fachkompetenz und Planungsausarbeitung und andererseits Beharrungsvermögen und festem Glauben an ein Projekt, das mindestens am Anfang vielen als kühn und zu ambitiös schien. Für diese “Väter des Merlot”, wie sie später genannt wurden, ging es darum, einen Sektor, der sich in einer sehr tiefen Krise befand, wieder zu beleben.


Von der heutigen Perspektive aus gesehen und in Anbetracht der im Laufe der Jahrzehnte erzielten Resultate des Weinbaues im Kanton Tessin, erweisen sich die damaligen Entscheide, als weitsichtig und zweckmässig gewesen zu sein. Seit den 50er Jahren hat übrigens diese Ingenieurschule Changins dank der Arbeit ihrer Diplomierten zu weiteren Erfolgen beigetragen.


Auf Grund der heutigen strategischen Bedeutung der Ausbildung im Weinbausektor und des lehrreichen Beispiels, das uns jene Persönlichkeiten gegeben haben, führen wir uns veranlasst, den einst gezeigten Weg weiter zu gehen. Blicken wir in die Zukunft, dann gilt es, innovativ zu sein im Sinne der Förderung einer nachhaltigen Entwicklung des Sektors.


Diesen Weg hat unsere Schule, als nationales Kompetenzzentrum im Weinbausektor, bereits seit ihrer Gründung im Jahre 1948 eingeschlagen. Viel gibt es noch zu tun, aber der Enthusiasmus und die Kompetenzen vor den neuen Herausforderungen fehlen uns nicht.


Ich danke für die Aufmerksamkeit.